Eine EGA-Grafikkarte für den XT

Die Welt der Farben

Mit einer monochromen Hercules-Grafikkarte kann man zwar schon eine Menge anfangen, aber mal ganz ehrlich: so richtig interessant wird es doch erst wenn Farben ins Spiel kommen. Ich hatte zu genau diesem Zweck vor ein paar Monaten eine hübsche EGA-Grafikkarte erstanden, die nun ihren Weg in den XT-Klon finden sollte. Die ursprüngliche Idee bestand darin den Multisync-Monitor zu verwenden, den ich bisher an meinem Amiga 500 benutze (ein KP 748 von Highscreen). Dieser hat einen runden DIN-Anschluss der mit "TTL RGB" beschriftet ist und meiner Recherche zufolge zu genau diesem Zweck geeignet sein sollte. Wäre da nicht das Problem, dass PC-Grafikkarten einen DE-9-Anschluss besitzen... also musste ein Adapter her, was den ganzen Plan deutlich verzögert hat.

Die Bauteile und Steckerbelegung für das Adapterkabel habe ich inzwischen. Außerdem habe ich den heißen Verdacht, dass dieses Kabel genau das ist, was ich suche (habe ich natürlich erst nach dem Kauf der Bauteile gefunden). Allerdings besitze ich inzwischen auch einen MCE2VGA-Konverter der den Anschluss einer EGA-Grafikkarte an einen VGA-Monitor ermöglicht und den großen Charme hat, keine wertvolle Retro-Hardware zu verlieren falls doch irgendwas schief geht.

Die Grafikkarte

Der Grafikkarte konnte ich folgende Angaben entnehmen:

Mir ist nicht 100%ig klar welche Angaben wie zusammengehören, aber die Karte scheint dem Internet als "Juko Ultimate EGA+" bekannt zu sein:

Da gibt es viele verschiedene Varianten, insbesondere ganz unterschiedliche Sticker auf dem Video-BIOS. Aber was mich eigentlich interessiert hatte scheint ziemlich konsistent zu sein: die Jumper-Konfigurationen sowie die Belegung des DIP-Switches.

Textmodus

Beim ersten Start nach dem Umbau ist mir gleich aufgefallen, dass die Schrift im Textmodus deutlich hässlicher aussieht. Mit einer MDA- bzw. Hercules-Grafikkarte stehen 720x350 Pixel zur Verfügung, die bei 80x25 Zeichen für jede "Zeichen-Zelle" 9x14 Pixel ermöglichen (wobei meistens nur 7x11 Pixel davon genutzt werden, damit sich benachbarte Zeichen nicht berühren). Bei einer CGA- bzw. EGA-Grafikkarte läuft der Textmodus normalerweise mit 640x200 Pixel, was maximal 8x8 Pixel pro Zeichen ergibt. Um überhaupt sinnvoll Zeichen darstellen zu können, werden diese 8x8 Pixel auch meistens voll ausgeschöpft bzw. nur eine Pixelreihe als Abtrennung zum nächsten Zeichen frei gelassen. Die Zeichen zweier benachbarter Zeilen können sich je nach Ober- und Unterlängen auch berühren, wodurch das Schriftbild sehr gedrungen wirkt.

Dafür aber stehen 16 Vordergrundfarben und 8 Hintergrundfarben zur Verfügung, mit denen sich eine Menge anstellen lässt. Tatsächlich ist das bereits die höchste "Ausbaustufe" die der Textmodus je erfahren hat, selbst mit VGA-Grafikkarten sind es diese Farben die verfügbar sind. Daher sehen die Textmodus-Anwendungen auch alle so aus wie man sie kennt -- Norton Commander, QBasic, Turbo Pascal, etc.

Windows

Ich hatte keine Möglichkeit gefunden um meine bestehende Windows-Installation von Hercules auf EGA umzustellen. Bei der Neuinstallation bin ich auch mehr oder weniger durch das Setup "gestolpert" und bin mir nicht sicher, ob ich optimale Einstellungen gewählt habe (insbesondere bezüglich der Fonts). Windows startet jetzt in einer Auflösung von 640x200 Pixel auf, wobei diese Pixel nicht wie gewohnt quadratisch sind, sondern ungefär doppelt so hoch wie breit sind (1:2.4 um genau zu sein). Durch diese doch recht hohe Auflösung in X-Richtung wirkt die Grafik erstaunlich detailliert.

Viel ausprobiert habe ich nicht, weil ich mich gerade erst recht ausführlich mit Windows 2 beschäftigt hatte und ich dabei keine Anwendungen gesehen habe, die ich unbedingt noch mal in farbig sehen wollte. Das enthaltene Paint hat mich leider enttäuscht und unterstützt auch im EGA-Modus nur monochrome Muster.

Spiele im CGA-Modus

Im Rahmen meiner Recherche zum Thema CGA-Emulation hatte ich bereits ein paar Spiele mit CGA-Unterstützung rausgesucht. Viele davon unterstützen jedoch auch den EGA-Modus, welchem ich im Zweifelsfall den Vorzug gegeben habe.

Karateka läuft flüssig und nutzt die Farbpalette Magenta/Cyan. Es sieht jetzt nicht direkt schrecklich aus, aber gewinnt gegenüber der Hercules-Variante auch nicht besonders viel dazu. Auch Exodus: Ultima III nutzt die Magenta/Cyan-Farbpalette. Die Grafikfehler, die ich mit der CGA-Emulation gesehen hatte, treten erwartungsgemäß im CGA-Modus nicht mehr auf. Allerdings konnte mich das Spiel inhaltlich immer noch nicht fesseln.

Uridium funktioniert (das hatte es mit der CGA-Emulation nicht), allerdings ruckelte bereits die Laufschrift, was nichts all zu gutes verheißen ließ. Und tatsächlich ist das Spiel selbst ebenfalls recht zäh, ich denke hier ist der XT-Klon trotz höherer Taktrate am Limit und eigentlich müsste ein 286er her. Was mich etwas verwundert hat: Screenshots zeigen, dass Uridium eigentlich auch EGA können sollte, bei mir aber nur CGA erkannt hat.

Bei Q*Bert wird die Grün/Braun-Farbpalette verwendet, mit der das Spiel richtig gut aussieht. Außerdem läuft es jetzt flüssig und nicht mehr so zäh wie mit der CGA-Emulation. Insgesamt hat es mir von den CGA-Titeln den meisten Spaß gemacht und löst direkt den "och menno, eine Runde noch"-Reflex aus. Die wärmer wirkende Grün/Braune-Farbpalette findet ebenfalls bei Wheel of Fortune ihren Einsatz. Obwohl die Farbigkeit für das Spiel an sich kaum als notwendig betrachtet werden kann, gewinnt es doch sehr viel an Atmosphäre und fült sich irgendwie gemütlicher an.

Soko-Ban nutzt wieder die Magenta/Cyan-Farbpalette, aber gewinnt gegenüber der monochromen Darstellung mit der CGA-Emulation nicht so sehr viel hinzu. Positiver ausgedrückt: das Spielprinzip funktioniert unabhängig von der Anzahl der Farben gleichermaßen gut.

Spiele im EGA-Modus

In der Abteilung "sieht jetzt besser aus, macht aber trotzdem nicht so viel Spaß" sehe ich Rambo III. Gegenüber der CGA-Emulation erkennt man nun Details und insbesondere wie kaputt der Hauptcharakter schon ist, aber so wirklich toll ist das Spiel echt nicht. Das Gleiche kann man über Bad Street Brawler sagen. Bei Times of Lore muss ich gestehen, dass ich dem Spiel nicht wirklich viel Möglichkeit gegeben habe mich zu begeistern, aber die Grafik ist auf alle Fälle ziemlich hübsch und zeigt, wohin die Reise bei den späteren Ultima-Titeln geht. Auch California Games sieht in farbig viel besser aus, aber hat mich nicht wirklich begeistern können. Das könnte aber auch an mangelndem Verständnis der Steuerung liegen, und dass dieses Spiel eigentlich erst witzig wird, wenn man mit mehreren (menschlichen) Spielern gegeneinander antritt.

Dann gab es noch eine Gruppe von Spielen, die zwar grafisch richtig gut aussahen und auch spielerisch ansprechend sind, aber bei denen der XT-Klon von der CPU-Leistung her nicht mithalten konnte. Bei Prince of Persia setzt sich der Prinz etwas schwerfällig in Bewegung und hat auch einen erheblichen Bremsweg. Das genaue Abpassen von Kanten zum Abspringen ist da ziemlich nervig und trübt den Spielspaß deutlich. Ebenfalls hart an der Grenze war Wings of Fury. Das wird schon zu Beginn deutlich: das gelegentliche Verschieben des Bilds um ein paar Pixel, das zunächst etwas irritierend wirkte, soll eigentlich Wellen im Ozean darstellen, auf denen der Flugzeugträger tanzt. Wenn man geduldig genug war und sein Flugzeug endlich in die Luft bekommen hat, dann ist es zwar spielbar, aber "actiongeladen" ist anders.

Bei Blockout hatte mir die Hercules-Version tatsächlich besser gefallen, weil dort die Auflösung höher ist und schräge Linien somit sauberer aussehen -- und bei einem Spiel mit 3D-Perspektive gibt es nun mal viele schräge Linien... Anders bei der 2D-Variante Tetris. Das sieht recht ansprechend aus und hat keine Probleme mit der geringeren Auflösung. Das einzige nervige Detail ist die starke Verzögerung wenn ein neues Hintergrundbild geladen wird. Das geschieht beim Erreichen des nächsten Geschwindigkeits-Levels, oder bei Betätigung der Cursor-Up-Taste, was mir öfters passiert ist.

Eine weitere Gruppe ergibt sich aus Spielen, die grafisch viel besser aussehen, durch die geringe CPU-Leistung auch etwas schleppend laufen, aber dadurch nicht unspielbar werden. Hier sind insbesondere die Point-and-click-Adventures von Lucasfilm Games zu finden. Maniac Mansion sieht einfach toll aus, weil es genau auf diese 16-Farben-Grafik optimiert ist. Es läft auch relativ flott, aber das etwas hektische Flackern des Cursors deutet an, dass es eigentlich auf etwas mehr CPU-Leistung ausgelegt ist. Die Verzögerung beim Wechseln der Räume fällt auf, aber zerreißt den Spielfluss nicht. Etwas anders bei Indiana Jones and the Last Crusade. Das sieht grafisch noch mal ein gutes Stück besser aus, zumal die Figuren nicht mehr nur von links nach rechts laufen können, sondern sich auch im Raum bewegen. Außerdem wirken die Szenen trotz gleicher Auflösung detailreicher. Allerdings schlagen hier die Raumwechsel mit Wartezeiten von 6-8 Sekunden zu Buche, was schon spürbar nervig ist und den Spielfluss behindert. Das Gleiche gilt für The Secret of Monkey Island. Hier wurde auch grafisch noch mal mehr gewagt, was man insbesondere bei den Farbverläufen bemerkt, bei denen heftig Gebrauch von Dithering gemacht wird.

Bei meinen beiden Vertretern des Aufbauspiel-Genres kommt der High Resolution Mode mit 640x350 Pixeln zum Einsatz, was insbesondere bei SimCity zusammen mit der Farbinformation zu einer deutlich höheren Informationsdichte führt. Leider ist die Darstellung an meinem MCE2VGA etwas "krisselig". Außerdem ächzt die CPU schon spürbar, vor allem wenn man mehrere Fenster nutzt (z.B. Hauptansicht und Übersichtskarte). Bei Moonbase ist der Einsatz der Farben etwas subtiler, man könnte auch sagen: verpasstes Potenzial. Allerdings sind mit dem Setting (Mondoberfläche) auch dem authentischen Einsatz an Farben gewisse Grenzen gesetzt.

Ein weiteres Spiel, das zwar spielbar ist, aber trotzdem nicht so flüssig läuft, wie es eigentlich sollte, ist Lemmings. Das ist besonders gut erkennbar an der für ein Level verbliebenen Restzeit, die deutlich unter Echtzeit abläuft (in etwa halb so schnell). Das ist jetzt nur bedingt schlecht, weil es einem ja in Verbindung mit den ebenfalls langsamer laufenden Lemmingen mehr Bedenkzeit verschafft, aber es wirkt leider doch etwas zu zäh um richtig Spaß zu machen. Wenn die Alternative allerdings "kein Lemmings" ist, dann würde ich jederzeit zum EGA-Lemmings auf dem XT-Klon greifen. Lemmings ist einfach klasse (auch mit PC-Speaker-Sound).

Richtig überzeugen konnte mich die EGA-Grafikkarte natürlich bei den Spielen, die ohne überhaupt nicht nutzbar waren. Bei den Titel von Apogee Software Productions hatte ich große Hoffnung, aber gleichzeitig auch große Bedenken ob der XT-Klon von der CPU-Leistung her mithalten können würde. Sehr zu Unrecht, wie sich zeigte: sowohl Duke Nukem als auch Commander Keen in Invasion of the Vorticons und Goodbye Galaxy! ließen sich ziemlich flüssig über den Bildschirm scheuchen und haben dem PC-Speaker sagenhafte Soundeffekte entlockt.

Bei Goodbye Galaxy beginnt das Spiel allerdings etwas zu ruckeln wenn Soundeffekte hinzu kommen; was aber verständlich ist, weil die Grafik deutlich aufwendiger ist als in Invasion of the Vorticons. Dafür unterstützt es aber auch Soundkarten wie den Sound Blaster und Adlib, was ich vielleicht später noch einmal testen werde.

Mein Highlight aus der Kategorie "hätte ich nicht gedacht" ist jedoch Eye of the Beholder. Nach anfänglichen Startproblemen (Version 1.4 crasht im EGA-Modus bereits im Hauptmenü, Version 1.7 läuft hingegen wunderbar) zeigt sich Eye of the Beholder als sehr gut spielbar und in EGA erstaunlich schick. Man muss natürlich diese Art von Spiel mögen, insbesondere um sich mit ein paar Besonderheiten arrangieren zu können, die man in moderneren Spielen anders machen würde (Stichwort Micromanagement; Wurfdolche nach jedem Kampf wieder einsammeln und in den Gürtel zurück stecken...). Aber ich bin sehr positiv überrascht, wie flüssig alles läuft, wenn man die Komplexität der Darstellung bedenkt.
Ironischerweise wäre bei diesem Spiel ein quasi-rundenbasiertes Vorwärtsruckeln sogar noch am ehesten "on-topic" gewesen, so als offizielles AD&D-Produkt.

Fazit

Durch die EGA-Grafikkarte ist der XT-Klon zu einer Spielemaschine geworden, was ich in dem Ausmaß wirklich nicht erwartet hatte. Inbesondere die für EGA gemachten Spiele sehen einfach irre gut aus und ringen mir jedes mal aufs neue tiefsten Respekt vor den Pixelkünstlern ab, die mit nur 16 Farben so viel Wirkung erzielen. Jetzt fehlt nur noch eine Soundkarte, wobei gerade bei Spielen wie Duke Nukem oder Commander Keen der krächzende Sound aus dem PC-Speaker seinen ganz eigenen Reiz hat.

Bei einigen Spielen ist wie erwartet nun die CPU die Engstelle. Das lässt aber hoffen, dass mit einem 80286-basierten System noch mal ein guter Schwung weiterer Spiele bzw. generell Anwendungen in greifbare Nähe rückt. Eine kurzer Blick auf Moby Games lässt einem bereits das Wasser im Mund zusammenlaufen: Alone in the Dark, Battle Isle, Duke Nukem II, EcoQuest, Gunship 2000, Indiana Jones and the Fate of Atlantis, Jill of the Jungle, Lemmings 2, Day of the Tentacle, Monster Bash, Sam & Max sowie Xargon werden in der Kategorie "Minimum CPU Class Required: Intel 80286" gelistet. Wobei ich bei ein paar der Titel so meine leisen Zweifel habe.


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