DOS-Spiele mit Hercules-Grafik

Nachdem ich "entdeckt" hatte, dass die Grafikkarte nicht nur Monochrom-Text, sondern auch Hercules-Grafik darstellen konnte, hat sich die Zahl an möglichen Spielen natürlich schlagartig vervielfacht. Eine entsprechende Liste erhält man leicht, wenn man bei Moby Games mit dem passenden Filter sucht. Allerdings sieht man sich dann mit über 500 Titeln konfrontiert, bei denen es erst einmal gilt die Spreu vom Weizen zu trennen. Im späteren Verlauf bin ich diesen Weg gegangen, doch zu Beginn habe ich auf die Weisheit des Internets vertraut und nach "typischen" Hercules-Titeln gesucht an die sich einzelne User erinnert haben.

Als erstes habe ich Blockout ausprobiert. Das ist quasi ein 3D-Tetris, bei dem die Steine um alle drei Achsen gedreht werden können und in einen Schacht mit quadratischer Grundfläche fallen. Das sieht mit Hercules-Grafik schon sehr beeindruckend aus, wobei die verschiedenen Ebenen durch unterschiedliche Schraffuren dargestellt werden. So arg viele Möglichkeiten gibt es da nicht, weshalb die Muster manchmal schwer auseinander zu halten sind. Zum Glück wird am linken Bildschirmrand eine Legende dargestellt die einem bei der räumlichen Orientierung etwas hilft.

Ein weiteres Spiel, das mit monochromer Hercules-Grafik beeindruckend aussieht, ist Psion Chess. Ich habe zwar haushoch verloren, aber kann mir gut vorstellen, dass dieses Spiel im Jahr 1985 richtig Eindruck schinden konnte, im 3D-Modus hat man tatsächlich schnell das Gefühl vor einem echten Schachbrett zu sitzen. Die Screenshots sehen hier übrigens alle etwas in die Breite gezogen aus, weil die Pixel quadratisch dargestellt werden. Damit ergibt sich ein Seitenverhältnis von 720:348 = ca. 6,2:3, wohingegen man am echten Monitor eher ein Seitenverhältnis von 4:3 hat. Die Screenshots zu skalieren kam leider auch nicht in Frage, weil dadurch nur Pixelmatsch entstanden ist.

Ebenfalls mit Hercules-Grafik lauffähig ist The Secret of Monkey Island. Ich habe allerdings nur kurz in die Demo-Version rein gespielt. Einerseits beeindruckend, was mit den beschränkten Mitteln möglich ist. Andererseits aber doch ziemlich begrenzt und auch ein wenig schmerzhaft, wenn man sonst nur die VGA-Version kennt. Davon abgesehen hat sich Guybrush auf dem XT auch etwas behäbig bewegt, das Spiel dürfte auf einem AT deutlich besser laufen.

Bei The Duel: Test Drive II habe ich mir zeitweise gewünscht, dass man die Lautstärke des PC-Speakers steuern kann: die ersten paar Sekunden war es beeindruckend, aber danach ultra nervig in voller Lautstärke angepiepst zu werden. Das Spiel an sich hat funktioniert, wobei ich auch hier das Gefühl hatte, dass der XT an seine Grenzen gestoßen ist (oder das Spiel ist tatsächlich so träge). Insgesamt eher nicht so mein Fall, aber das gilt für die meisten Rennspiele; so richtig warm geworden bin ich mit dem Genre eh nie.
Später beim Erstellen der Screenshots in DOXBox ist mir aufgefallen, dass bei Auswahl der Grafik-Option "Hercules" wohl trotzdem die CGA-Version gestartet wird. Man sieht auch eine etwas andere Auflösung beim Screenshot. Vielleicht ist hier eine Art von Emulation am Werke gewesen, was die Trägheit auf der Original-Hardware erklären könnte.

Auch Gunship hielt den Erwartungen nicht stand. Die Hercules-Version hat den Start komplett verweigert, die CGA-Version hatte nach dem Laden des Emulators zwar gestartet, aber danach ist der Helikopter gleich gecrasht (so stand es zumindest in der Mission Summary; es ging so schnell, dass ich gar nicht gerafft hatte, dass das Spiel eine Eingabe von mir verlangt). Das nachfolgende "Please Wait" ist dann nicht mehr gewichen. In der Readme-Datei stand auch sinngemäß drin, dass "unechte" Hercules-Karten Probleme machen können, von daher habe ich dann auch nicht mehr weiter herumexperimentiert. Auf zum nächsten Spiel.

Mit Rambo III hatte ich wieder ein Spiel erwischt das funktioniert hat. Allerdings sieht es in Monochrom so aus als bräuchte man dringend Farbe. ;-)
Es war stellenweise etwas schwierig zu erkennnen, was genau von einem erwartet wird, und insbesondere die Darstellung des Gesundheitszustands war für mich anfangs etwas schwierig zu deuten. Auf dem Titel-Screen ruckeln die Hersteller-Logos und der Spieltitel auch recht hakelig herum, könnte ein Hinweis darauf sein, dass bei diesem Spiel ebenfalls eine schnellere CPU notwendig ist.

California Games hingegen läuft einwandfrei und produziert auch eher angenehme Töne auf dem PC-Speaker. Allerdings benötigt man hier entweder eine Anleitung oder viel Geduld um herauszubekommen, was man bei den verschiedenen Sportarten eigentlich tun muss (also insbesondere die Steuerung). Für Monochrom-Grafik sieht es schon ziemlich gut aus.

Weit weniger erfolgreich war der Versuch Castle Master zum Laufen zu bekommen. Nach dem Start wird zuerst der Grafikmodus abgefragt und kurz darauf ein hübsches Titelbild angezeigt. Das bleibt dann aber stehen. Dauerhaft. Nebendran auf meinem Haupt-PC habe ich es in DOSBox ausprobiert, da geht es vom Titelbild aus mit einer beliebigen Taste weiter. Allerdings ist die Grafik schon ziemlich krass, ich vermute auf dem XT hätte das sowieso keinen Spaß gemacht.

Karateka hat dann wieder auf Anhieb funktioniert und sieht in Monochrom ganz ordentlich aus. Auch der Sound ist angenehm unaufdringlich. Die erste Begegnung war allerdings relativ unspektakulär: meine Figur rennt auf den Gegner zu, rennt in den Gegner rein, "The End". In der zweiten Runde habe ich dann verstanden, wie man in den Kampfmodus wechselt und wie man schlägt und tritt: es gibt jeweils Schlag hoch/mittel/tief und Tritt hoch/mittel/tief. Dafür sind die Tasten Q, A, Z und W, S, X belegt. Auf einer US-Tastatur ergibt das total Sinn, auf einer deutschen Tastatur ist das Z etwas weit abseits... Aber insgesamt bisher eins der besseren Spiele.

Bei Labyrinth begrüsste mich ein schnarrenden Laufwerk A:, gefolgt von der prompten Rückkehr zum DOS-Prompt. Die Readme-Datei ließ vermuten, dass das Spiel erwartet von Diskette zu laufen. Ein etwas eigenwilliger, aber erfüllbarer Wunsch. Allerdings hat das trotzdem nichts gebracht: direkt nach dem Start geht es zurück zum DOS-Prompt. Schade. Nächstes Spiel...

Für Lode Runner musste ich mir erst mal eine Anleitung herbeigoogeln um zu verstehen, wie ich Löcher buddeln kann. Die erste Anleitung meinte U und O, was aber nicht funktioniert hat. Die zweite Anleitung meinte Z und X, was auch nicht funktioniert hat. Allerdings hatte die zweite Anleitung den entscheidenden Hinweis: über Esc und K können die Tasten neu belegt werden; dabei habe ich gesehen, dass die Belegung initial auf 7 und 9 war. Trotz der neu erworbenen Fähigkeit Löcher zu buddeln habe ich allerdings trotzdem ständig verloren. Das Spiel sieht definitiv viel leichter aus als es ist.

Caveman Ugh-Lympics hatte mit einem netten Intro gegrüsst, danach aber überwiegend Ladebildschirme gezeigt. Ich habe dann irgendwann entnervt aufgegeben. Aber im Prinzip hat es zumindest ansatzweise funktioniert und sah vom Zeichenstil recht gut aus. Das wäre vielleicht noch mal ein Kandidat für einen schnelleren Rechner oder eine bessere Grafikkarte.

Mit Times of Lore habe ich ein RPG gegriffen, das auf den ersten Blick ein bisschen an die frühen Ultima-Spiele erinnert. Das ist auch kein Zufall: beide stammen von Origin Systems und Richard Garriott hat selbst angegeben, dass Ultima VI und VII von Times of Lore inspiriert wurden. Ich habe es nur kurz angespielt und nicht viel ausprobiert, außer einen Gast in der Kneipe tot zu hauen (woraufhin er sich erst in ein Skelett und dann in einen Grabstein mit "RIP" verwandelt hatte, bevor auch dieser verschwand). Es sieht in Monochrom tatsächlich ganz hübsch aus; im echten Spiel bewegen sich die Charaktere (der Wirt wischt z.B. mit dem Handtuch über den Tresen), was im Zweifelsfall noch etwas besser illustriert was man dort vor sich hat.

Mit Moonbase habe ich dann ein Spiel erwischt, bei dem man sich definitiv ein bisschen mehr Zeit nehmen muss um durchzusteigen. Auf den ersten Blick würde ich es als "SimCity auf dem Mond" charakterisieren: man baut eine Mondbasis aus einzelnen Elementen wie Wohnbereichen, Kraftwerken, Sauerstoffgewinnung usw. auf, kann Strom- und Rohrleitungen ziehen sowie Straßen, Landezonen und Kommunikationseinrichtungen bauen. Anders als bei SimCity war mir allerdings nicht so richtig klar, was ich im Einzelnen tun muss. Nicht einmal ob und wie ich die Module verbinden muss, wahrscheinlich sind alle meine Bewohner jämmerlich erstickt oder erfroren...
Es hat den Anschein, dass man diverse Rohstoffe fördern kann um dann mit der Erde Handel zu treiben. Ich bin mir noch nicht sicher, ob mir das vielleicht zu komplex und intellektuell fordernd ist (bin eher nicht so der WiSi-Fan), aber es sieht tatsächlich nach einem Spiel aus, mit dem man sich länger als nur ein paar Abende beschäftigen kann.

Natürlich darf auch Maniac Mansion nicht fehlen. Hier gibt es ebenfalls eine Hercules-Version die sich spielerisch nicht von der EGA-Version unterscheidet, außer eben in der etwas größeren Herausforderung was die Identifikation der Szenen und Gegenstände angeht.

Bei Prince of Persia wurde ich zunächst enttäuscht: es kam lediglich die Meldung "Graphics mode not available". Später fand ich heraus, dass dies an der verwendeten Version lag. Ich habe natürlich die neueste (1.4) ausprobiert, die scheinbar den Hercules-Modus "verlernt" hatte. Mit der nächst älteren Version (1.3) hat es tadellos funktioniert. Prince of Persia läuft auf dem XT sehr ordentlich und auch die Tonausgabe über den PC-Speaker ist gut.

Ein weiterer Klassiker der natürlich nicht unerwähnt bleiben darf ist SimCity. Die erste Verison, die ich erwischt hatte, wollte ebenfalls nicht mit der Hercules-Karte funktionieren. Danach bin ich auf Disk-Images gestoßen, mit denen ich eine Version installieren konnte, die funktioniert hat.
Ich bin mit SimCity 2000 "aufgewachsen" und dementsprechend etwas verwöhnt was Features wie Tooltips, Zoom und Mini-Maps angeht. Dementsprechend hart ist der Einstieg in SimCity in Monochrom, wenn man nicht einmal so richtig erraten kann, was die einzelnen Schrafuren bedeuten (Wasser, Wald, Erde?). Aber ansonsten läuft das Spiel auf dem XT ganz beachtlich und verspricht ein interessanter Zeitvertreib zu sein.

Abschließend lässt sich feststellen, dass man mit einer Hercules-Grafikkarte schon viel erleben kann. Natürlich ist man mit nur zwei Farben ziemlich eingeschränkt, aber Spiele, die darauf Rücksicht nehmen (also nicht nur "runtergeregelte" CGA- oder EGA-Titel sind), lassen sich außerordentlich gut spielen und können eine Menge Spaß bereiten. Man darf auch nie den historischen Kontext aus den Augen verlieren: vor Hercules gab es am PC nur Text-Modus, bzw. CGA wenn man tief in die Tasche greifen und auch einen passenden Monitor kaufen wollte.


Zurück zur Hauptseite