Ein AdLib-Nachbau macht Musik

Der PC lernt Audio

Während andere Heimcomputer wie der C64 (1982), Atari ST (1985) oder Amiga 500 (1987) von Haus aus über spezielle Hardware zur Tonerzeugung verfügten, besaß der IBM PC lediglich einen internen Lautsprecher, der noch dazu nur Rechtecksignale wiedergeben konnte. Um einem PC ordentliche Musik oder Geräusche zu entlocken benötigt man entweder eine Erweiterungskarte (eine Soundkarte) oder ein externes Zusatzgerät (z.B. das Covox Speech Thing). Soundkarten wurden erst ab ca. 1990 populär und bezahlbar, wobei hier die AdLib Music Synthesizer Card den Anfang markiert und mit dem Yamaha YM3812 (auch bekannt als OPL2) dem PC die Fähigkeiten verlieh, die man zuvor nur von Keyboards mit FM-Synthese kannte (wobei auch hier Yamaha der mit Abstand größte Hersteller war).

Spätere Soundkarten, wie z.B. der Sound Blaster von Creative Labs, haben die Musikerzeugung via FM-Synthese noch um die Wiedergabe von PCM-Samples ergänzt. Während damals alle "vernünftigen" Soundkarten entweder echte OPL2/OPL3-Chips von Yamaha besaßen, oder zumindest eine eigene Implementierung in Hard- oder Firmware mitbrachten, hat in der Zeit von beliebig viel Speicher nur noch der PCM-Anteil überlebt; die Klangerzeugung findet nun in Software auf dem Hauptprozessor statt und die Soundkarte (inzwischen meist auf dem Mainboard integriert) ist zum reinen Wiedergabegerät degradiert worden.

Die AdLib Music Synthesizer Card gilt inzwischen als Kultobjekt und ist entsprechend schwer zu bekommen. Allerdings gibt es etliche Nachbauten, z.B. die RadLib von Texelec oder das Projekt ISA OPL2 von Sergey Malinov. Ich hatte die Möglichkeit einen solchen AdLib-Nachbau auszuprobieren und möchte hier von meinen Erlebnissen berichten.

Der Einbau

Eigentlich habe ich beim Einbau nicht mit Problemen gerechnet, musste aber leider feststellen, dass ich die vorhandenen Steckkarten noch mal ein bisschen umsortieren musste. Das eigentliche Problem ergab sich aus dem kunstvoll unter dem PC-Mainboard durchgefädelten Kabel für die Turbo-LED: durch das Kabel bzw. den dazugehörigen Stecker wurde der unterste Kartensteckplatz blockiert. Die Idee, das Kabel so zu legen, hatte schon der ursprüngliche Monteur des Rechners. Damals waren aber auch weniger Steckkarten drin bzw. diese dichter beieinander platziert, sodass mehrere der unteren Steckplätze frei waren.
Die Steckkarten dichter zusammenrücken wollte ich aber nicht, weil zum einen die XT-CF-Lite-Karte mit ihrer ausladenden Befestigung an der Slotblende etwas in den Nachbarplatz hineinragt, zum anderen die von den Steckkarten wegführenden Kabel teilweise steil abgeknickt worden wären, u.a. weil die EGA-Grafikkarte jetzt höher ist als die ursprüngliche Hercules-Karte und das Floppy-Kabel nicht mehr darüber hinweg gelegt werden kann.

Da ich das "Turbo-Kabel" nur durch leichtes Anheben des Mainboards rausziehen konnte, mussten die übrigen Steckkarten eh noch mal raus und es waren wieder alle Optionen offen. Die Reihenfolge ist jetzt, vom Netzteil ausgehend:

Damit komme ich auch gut an die Soundkarte dran, wenn ich sie wieder zurückgeben muss oder ggf. gegen ein anderes Modell tauschen möchte.

Eine weitere, wenn auch deutlich kleinere, Unbequemlichkeit ergab sich aus dem Poti-Knopf zur Steuerung der Lautstärke. Dieser besitzt eine Nase um auf einer Skala den eingestellten Wert anzuzeigen -- aber genau diese Nase ist bei diesem Gehäuse im Weg; sie ragt aus dem freien Teil der Slot-Aussparung hinaus und bleibt hängen, wenn man die Steckkarte bei Ein- und Ausbau durch die Öffnung fädelt. Wenn man das Poti so einstellt, dass die Nase nicht in Richtung Rand schaut, sondern über der Slotblende "parkt", dann ist das kein Problem. Die Herausforderung besteht eher darin, beim nächsten Ausbau daran zu denken...

Softwaremäßig einzurichten gab es nichts. Die AdLib-Karte ist hart auf die I/O-Adresse 388h verdrahtet und die Spiele wissen das auch. Im AdLib Programming Guide ist eine Prozedur angegeben, mit der das Vorhandensein einer AdLib-Karte überprüft werden kann. Im Wesentlichen werden hier die beiden Timer der Karte gestartet und nach einer gewissen Zeit geprüft, ob sich die Zählerstände erwartungsgemäß geändert haben.

Ansonsten musste nur noch ein Lautsprecher per 3,5mm Klinkenkabel angeschlossen werden. In meinem ersten Test-Setup habe ich dazu die in meinem TFT-Monitor integrierten Lautsprecher genutzt, später dann ordentliche Aktivboxen, mit denen die Tonqualität erwartungsgemäß noch mal deutlich besser war.

Auf der Suche nach Spielen

Die Suche nach Spielen hat sich als etwas schwieriger erwiesen. Mit einem geeigneten Filter für Moby Games finden sich zwar rund 1600 Titel, aber viele davon sind wahrlich nichts für einen XT. Das ergibt auch Sinn, wenn man bedenkt, dass die AdLib-Karte um 1990 (in der "Consumer-Variante" mit 3,5-mm-Anschluss) in den Handel kam und man zu der Zeit schon typischerweise 286er oder 386er zu erschwinglichen Preisen kaufen konnte. In meine nähere Auswahl fielen:

Die Musik von Lemmings ist einfach überragend gut; Creative hatte sich das wahrscheinlich ebenfalls gedacht, als sie bei der Sound Blaster Value Edition neben Indianapolis 500 eben auch Lemmings beigelegt hatten. Tatsächlich hatte ich die Musik des ersten Levels schon voller Vorfreude die ganze Zeit im Ohr, als ich die Karte eingebaut habe. Hier hört man sehr schön, was der OPL2 so kann. Lemmings war von der Spielbarkeit her auf dem XT etwas träge, insbesondere wenn viel auf dem Bildschirm los ist, z.B. in Leveln mit einer Release-Rate von 99, oder in Level 11 mit dem großen Klotz in der Mitte, der nur in eine Richtung durchgrabbar ist (und auf dem die vielen, vielen animierten Pfeile diese Richtung anzeigen...).

Bei Monkey Island musste ich feststellen, dass nur die Vollversion richtige Musik hat. Die Demo, die ich zuvor für meine Tests benutzt hatte, spielt nur kurz zu Beginn Musik, danach gibt es nur Soundeffekte (Öffnen von Türen, etc.). Die Musik klingt genau so wie ich sie von meinen Rechnern mit Sound-Blaster-Karten gewohnt war. Das Spiel selbst war in diesem Setup immer noch etwas zu zäh um richtig Spaß zu machen. Wobei mich früher die Ladezeiten zwischen den einzelnen Räumen wahrscheinlich nicht genug gestört hätten, um das Spiel nicht trotzem zu spielen. Mit EGA-Grafik und AdLib-Musik ist es schon echt nett und ein entsprechend vorbereiteter Computer lädt zum gemütlichen Spieleabend ein.

Auch Commander Keen 4 hat eine gut wiedererkennbare Musik, vor allem wenn man gelegentlich bei LGR reinschaut; Clint benutzt das auch häufig um Soundkarten zu testen. Bei Commander Keen ist mir beim letzten Test nach dem Einbau der EGA-Karte aufgefallen, dass das Spiel kurz stockt, wenn man Gegenstände einsammelt und dabei Töne über den PC-Speaker aktiv hat. Das ergibt insofern Sinn, als dass die Ausgabe von komplexen Effekten über den PC-Speaker ein CPU-intensiver Vorgang ist. Dieses Stocken war mit der Soundausgabe via AdLib komplett weg, d.h. es ist tatsächlich besser spielbar geworden.

Bei Eye of the Beholder trägt die Musik im Intro ebenfalls zur Stimmung bei, aber im Spiel selbst ist die Ausgabe auf Toneffekte beschränkt. Bei diesem Spiel hatte ich das Gefühl, dass es durch die Tonausgabe ein bisschen hakeliger wurde. Zumindest kommt es mir so vor, als würde während eines Angriffs der Gegner die Reaktion auf das Klicken der Schaltflächen nicht immer zu einem Gegenangriff führen; als würden die Klicks "verschluckt" werden. Ich bin mir aber nicht mehr ganz sicher, ob das ohne Soundeffekte genauso war.


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